Tattoosucht: Macht Tätowieren süchtig?

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Der Wunsch der Menschen ihren Körper durch Tattoos zu verzieren und zu individualisieren ist kein neues Phänomen. Bereits mumifizierte Leichen aus dem alten Ägypten belegen, dass dauerhafte Verzierungen durch das Einbringen von Farbpigmenten unter die Haut als Hautschmuck getragen wurde. Noch heute wird kontrovers diskutiert, ob sich daraus eine pathologisch relevante Tattoosucht entwickeln kann.

Die Verwendung des Begriffes „Sucht“ im Bereich der Körperkunst

Sucht ist nicht gleich Sucht. Gerade wenn es um die Frage geht, ob eine Person süchtig nach Tattoos werden kann, bedarf es einer genaueren Differenzierung. Sowohl Kunden als auch professionelle Tätowierer neigen sehr häufig dazu, leichtfertig von „Sucht“ zu sprechen. Damit meinen sie aber nur in den seltensten Fällen die relativ enge medizinische Basisdefinition, sondern spielen eher auf eine Art Lebenseinstellung an. Sie assoziieren mit Tattoosucht vielmehr eine positive Form von Leidenschaft, das Streben nach individualisierter Körperkunst oder die dauerhafte Manifestation von Daten, die einen wesentlichen Einfluss auf ihr Leben entfaltet haben. Kaum jemand würde Eltern als süchtig bezeichnen, die Geburtsdaten ihrer Kinder oder eine Erinnerung an die eigene Hochzeit auf ihrem Körper festhalten. Andere betrachten ihre Tattoos als persönliches Markenzeichen oder Kunstform, die sich bis zu einem gewissen Punkt immer weiter entwickeln und abrunden lassen. Aber das sind häufig bereits Ausnahmen. Der überwiegende Teil strebt lediglich danach, sich zumindest in einem kleinen Bereich punktuell von der „Masse“ abzuheben, oder sich ein kleines Geheimnis zu schaffen, auf das nur ganz bestimmte Personen einen Blick werfen dürfen.

Gibt es Situationen, in denen man von Tattoosucht sprechen kann?

Die Grenze zwischen Normalität und Suchtverhalten verläuft gerade im Bereich der Körperkunst fließend. Es ist durchaus möglich, dass bei einem kleinen Prozentsatz davon gesprochen werden kann, dass sie süchtig nach Tattoos sind. Dies betrifft aber eine sehr spezielle Gruppe, deren Verhalten nicht generalisiert werden sollte. Bei ihnen ist es die Lust am Schmerz, der tiefe innere Drang aus der Masse hervorzustechen oder bewusst schockieren zu wollen (oder zu müssen). Der Hintergrund können in diesen Fällen tatsächlich pathologische, psychologisch relevante Erkrankungen sein. Die Lust am Schmerz oder am, mit den Einstichen einhergehenden, Adrenalinausstoß kann in diesen Fällen durchaus klassisches Suchtverhalten auslösen. Es wäre allerdings grundlegend falsch, diese Beobachtung auf eine breitere Masse umzulegen. Es sind die berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Auch fällt bei Tattoos ein wesentliches Suchtmerkmal grundsätzlich weg – jenes, die Dosis, die Einflussstärke immer weiter zu erhöhen und den Kick zu verstärken. Nüchtern betrachtet könnte man auch sagen, dass jeder Körper nur eine gewisse Menge an Haut zur Verfügung hat, und sobald diese vollständig bedeckt ist, kann das Suchtverhalten nicht mehr ausgelebt werden, außer man schafft durch eine Tattooentfernung bewusst neuen Platz.

Fazit: Süchtig nach Tattoos ist kaum mehr als ein geflügeltes Wort

Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass sich die Frage, ob Tattoosucht existiert oder nicht, nur mit einem klaren „Nein“ beantworten lässt. Natürlich gibt es die berühmte Ausnahme von der Regel, wobei das Suchtverhalten in diesem Fall in anderen Ursachen zu suchen ist als bei dem Drang nach Körperkunst selbst.

Bildrechte: (CC BY 2.0) Holly Lay

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2 Antworten

  1. Wie können wir weitere tatoos von unsere Tochter verhindern? Es wird immer mehr, sind wir Eltern machtlos?Es ist ganz schrecklich, unbeschreibliche Belastung für ganze Familie.

    1. Rein rechtlich müsste sie bis zu einem bestimmten Alter fragen, bevor sie sich ein Tattoo stechen lässt. Bis zum Eintritt in die Geschäftsfähigkeit dürfte der Tätowierer mit ihr gar kein Vertrag abschließen und jeder Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung ist ein mündlicher Vertrag.
      Ist sie schon älter, können Eltern das nicht verhindern. Dann hilft vielleicht loslassen und die Tochter ihr Leben leben lassen.
      Viele Grüße,
      Mario Lenz

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