Blutspenden mit Tattoo und nach einer Tattooentfernung? – Interview mit Dr. Birgit Stürmer vom DRK-Blutspendedienst

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Dr. Birgit Stürmer, leitende Entnahmeärztin am Institut Lütjensee.

Blutspenden rettet Leben. Trotz eines möglichst sparsamen Einsatzes von Bluttransfusionen, kommt es in der medizinischen Behandlung immer wieder zu Engpässen bei den Blutkonserven. Umso wichtiger ist es, dass ein möglichst großer Teil der Bevölkerung regelmäßig zur Blutspende geht. Doch dürfen Tätowierte Blut spenden? Und wie lange muss ich nach einer Tattooentfernung bis zur nächsten Spende warten? Diese und weitere spannende Fragen haben wir im Interview mit Dr. Birgit Stürmer vom DRK-Blutspendedienst Nord-Ost geklärt.

tattoolos: Sehr geehrte Frau Dr. Stürmer, Sie sind leitende Entnahmeärztin des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes Nord-Ost für das Institut Lütjensee. Was zählt dabei u.a. zu Ihrer täglichen Arbeit?

Dr. Stürmer: Ich arbeite als eine von insgesamt sechs Entnahmeleitern für den Bereich Nord-Ost. Dabei kümmere ich mich z.B. um die Einhaltung der Vorschriften zum Blutspenden, kontrolliere Spenderfragebögen auf ihre Vollständigkeit, besuche die Teams vor Ort und führe selbst mobile Termine durch. Außerdem bin ich für die regelmäßigen Schulungen unserer Mitarbeiter verantwortlich.

tattoolos: Es ist bekannt, dass es für das Blutspenden strenge Vorschriften gibt: Wer darf Blutspenden?

Dr. Stürmer: Wir orientieren uns dabei an den Richtlinien vom Paul-Ehrlich-Institut. In diesem Rahmen lässt der DRK-BSD Nord-Ost eine Erstspende im Alter ab 18 bis 65 Jahren und für Mehrfachspender bis zum vollendeten 72. Lebensjahr zu. Wer Blut spendet, sollte über 50 kg wiegen und am Tag der Spende ausreichend – d.h. ca. 1,5 Liter Wasser – getrunken und ausreichend gegessen haben. Außerdem muss bei der Blutspende der Personalausweis vorgelegt werden. Bis zu sechs Mal innerhalb eines Jahres können Männer eine Blutspende leisten, Frauen können maximal vier Mal in 12 Monaten Blutspenden. Zwischen zwei Blutspenden müssen mindestens 56 Tage liegen.

tattoolos: Welche gesundheitlichen Voraussetzungen muss eine Person erfüllen, um Blut spenden zu dürfen?

Dr. Stürmer: Grundsätzlich sollte man sich natürlich körperlich fit und gesund fühlen. Bestimmte Infektionen können im Blut übertragen werden, wie z.B. eine Gelbsucht. Urlaube in Regionen mit erhöhtem Risiko für durch Mücken übertragene Infektionskrankheiten können für einen bestimmten Zeitraum zu einer Rückstellung führen. Damit schon im Vorweg bestimmte Risiken, sowohl für den Spender als auch für den Empfänger von Blutpräparaten, ausgeschlossen werden können, bekommt der Spendewillige bereits bei der Anmeldung einen Anamnese-Fragebogen vorgelegt. Vor jeder Blutspende werden außerdem der Blutfarbstoff und die Körpertemperatur bestimmt. Letztlich entscheidet dann der bei jeder Blutspendeaktion anwesende Arzt nach seiner Untersuchung unter Beachtung aller genannten Parameter, ob eine Spende möglich ist. Das Blut wird gemäß den Richtlinien auf Infektionsparameter untersucht, die Blutgruppe wird einem Erstspender nach ca. 30 Tagen mitgeteilt.

ITM Lütjensee Neubau ©DRK-Blutspendedienst

Dann gibt es die Vorgabe, dass Personen, die sich von 1980 bis 1996 insgesamt länger als ein halbes Jahr in England aufgehalten haben, vom Blutspenden ausgeschlossen sind. Der Grund hierfür ist die Möglichkeit einer Erkrankung an BSE (Rinderwahn).

Wenn jemand wirklich gerne spenden möchte und sich nicht sicher ist, kann er gerne die Hotline des DRK Blutspendedienstes anrufen, unter der 0800-1194911. Hier werden potenzielle Spender direkt an Mitarbeiter aus ihrem Bundesland weitergeleitet und erhalten alle Informationen zu den aktuellen Richtlinien, aber auch zur nächsten Spendemöglichkeit in ihrer Nähe.

tattoolos: Nach Tätowierungen, Piercings oder auch Permanent Make-up-Behandlungen ist eine Sperrzeit von genau vier Monaten festgelegt, ehe das Blutspenden wieder möglich ist. Was sind die Gründe und warum sind es genau vier Monate?

Dr. Stürmer: Diese Vorgabe stammt ebenfalls vom Paul Ehrlich Institut und hängt mit der Inkubationszeit von Infektionen zusammen. Die Immunantwort auf eine Infektion ist die Bildung von Antikörpern. Antikörper und/oder Viren lassen sich direkt im Blut nachweisen. Die Bildung von Antikörpern braucht jedoch eine bestimmte Zeit, um sie hundertprozentig nachweisen zu können. Dies sind die vier Monate, die wir zur Sicherheit als Zeitspanne angeben. Die Bundesärztekammer stellt mit dieser Richtlinie den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut fest.

tattoolos: Können Tätowierungen grundsätzlich auch langfristig Auswirkungen auf die Eignung zum Blutspenden haben, z.B., wenn ein sehr großer Teil der Haut tätowiert ist?

Dr. Stürmer: Wir haben viele Spender mit – zum Teil auch größeren – Tattoos. Grundsätzlich sind Tätowierungen kein Problem, solange die Haut gesund ist. Wenn die Haut entzündet ist, vor allem natürlich im Armbereich, in dem die Blutabnahme durchgeführt wird, kann allerdings keine Spende erfolgen. Außerdem kann es schwierig werden, die Vene zu finden, wenn der komplette Arm tätowiert ist. Das muss jedoch individuell entschieden werden.

tattoolos: Wie verhält es sich mit der Tattooentfernung? Wann darf eine Person danach wieder Blut spenden?

Dr. Stürmer: Das ist abhängig davon, wie die Entfernung vorgenommen wurde. Für chirurgische Eingriffe gelten die gleichen Richtlinien wie für Operationen im Allgemeinen. D.h., der Spender muss mindestens eine Woche nach dem Eingriff warten und die Fäden müssen mindestens 24 Stunden vor der Blutspende entfernt worden sein. Außerdem wird vor Ort individuell vom Teamarzt entschieden, ob die Blutentnahme möglich ist. Genauso wie nach einer Tattooentfernung mit dem Laser. Hierfür gibt es keine feste Sperrzeit, jedoch kann sich auch hierbei die Haut entzünden. In diesem Fall kann keine Blutspende erfolgen, sondern erst sobald sich die Haut wieder beruhigt hat.

tattoolos: Kommen wir zurück zur Blutspende selbst: Warum ist es Ihrer Meinung nach so wichtig Blut zu spenden und wofür werden die Spenden derzeit am dringendsten benötigt?

Dr. Stürmer: Blutspenden sind nach wie vor wichtig, denn bisher lässt sich Blut noch nicht künstlich herstellen. Obwohl nach dem Prinzip des „Patient Blood Managements“ versucht wird, möglichst blutsparend und -effizient zu handeln, werden Blutspenden weiterhin dringend benötigt. Das Haupteinsatzgebiet für Blutspenden sind die Krebs- und Tumorpatienten, die Bluttransfusionen benötigen, da sie oft selbst nicht genug Blut bilden können. Zudem wird ein großer Teil der Blutspenden für Behandlungen von Erkrankungen des Herzens, Magen- und Darmkrankheiten, Sport- und Verkehrsunfälle eingesetzt. Auf www.Blutspende.de gibt es zahlreiche weitere Informationen zur Verwendung der Spenden.

©DRK-Blutspendedienst

tattoolos: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Stürmer.

Blutspenden und Tattoo: Mit, nach und trotz Tätowierung spenden – so geht’s

Wer sich ein Tattoo stechen lässt, muss nicht auf die Möglichkeit, an Blutspenden teilnehmen zu können, verzichten. Der Blutspender muss lediglich einiges beachten. Dazu zählt die Wartezeit. Sie ergibt sich aus der Karenzzeit, die eine mögliche Infektionskrankheit besitzt.

Der Hintergrund der Wartezeit: Theoretisch besteht die Möglichkeit, durch das Eindringen einer Nadel durch die Haut in den Körper mit Krankheitserregern infiziert zu werden. Auch ein neues Piercing kann theoretisch Keime übertragen und so werden frisch gepiercte Personen ebenfalls nicht direkt zur Spende zugelassen. Ärzte, die Blutspenden überwachen, müssen jedes auch noch so kleine Risiko ausschließen, denn im schlimmsten Fall könnten gefährliche Krankheiten wie Hepatitis oder HIV – beides wird u.a. über Kanülen übertragen – über eine Blutspende verbreitet werden.

Weder Eure Blutgruppen noch diverse Medikamente,die Ihr vielleicht einnehmen müsst, machen die Entscheidung für eine Blutspende zunichte. Das Wichtigste ist: Informiert Euch vor Ort und schildert dem jeweiligen Arzt alle invasiven Eingriffe, die Einfluss auf die Auswahl als möglichen Spender haben könnte!

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